Reutlingens Marktplatz, Maximilianbrunnen vor dem Spitalhof
Reutlingen ist eine Große Kreisstadt mit rund 109.800 EW (2003) auf 87,06 km² an der Echaz unter der Achalm (707 m), im Nordosten die Schwäbischen Alb mit ihren Ausläufern berührend
Die nördlichen Stadtgebiete Altenburg, Oferdingen und Mittelstadt grenzen an den Neckar.
ortsgeschichtlich
Erste Siedlungsspuren finden sich im gesamten Gebiet seit der Altsteinzeit, sichtbarere Hinweise auf längere Besiedlung erst seit etwa 2000 v.d.Z.: Hügelgräber, Befestigungen, Schanzen.
Den Kelten folgten im 1. Jh. n.d.Z. die Römer. Gesichert und teils auch noch sichtbar ist der Alb-Limes etwas südlich (Gomadingen) und die wichtige römische Neckartalstraße. Im nördlichen Stadtgebiet Altenburg fand man bei Grabungen an der B 464 Reste eines römischen Gutshofes. Die Römer verließen die Region, nachdem Alemannen um 260 n.d.Z. mehrfach den Limes durchbrachen und sich hier ansiedelten.
Endungen von Ortsnamen mit "-ingen" verweisen auf ihre alemannischen Gründer. Die Ursprünge Reutlingens werden im 5. Jh. vermutet, etwa anstelle des Friedhofs Unter den Linden und der Kirche St. Peter in den Weiden.
1030 wurde mit dem Bau der Burg Achalm durch Graf Egino begonnen, die somit eine der ersten Höhenburgen in Süddeutschland wurde.
1089 wurde Reutlingen erstmals urkundlich erwähnt, und zwar im Bempflinger Vertrag. Graf Eginos Bruder Rudolf stellte die Burg fertig. 1098 starb der letzte Achalmgraf.
Um 1180 erhielt Reutlingen das Marktrecht durch den Stauferkönig Friedrich Barbarossa.
Ab 1220 wurde Reutlingen durch Friedrich II. zur Stadt entwickelt.
1240 erhielt Reutlingen die Stadtrechte und wurde nach Ende der Staufer zur Reichsstadt erhoben. Und Reutlingen war wichtiges Mitglied
im Schwäbischen Städtebund. Damit waren häufige Händel mit Württemberg programmatisch, die nach weiteren Besitzungen lechzten.
1262 wurde Reutlingen durch den letzten Hohenstaufer Konradin ausgerechnet an Württemberg "verpfändet". Auch die Verwandten der weiblichen Linie der Almgrafen, die Grafen von Urach, mussten ihren Uracher Besitz an Württemberg übereignen und auf Fürstenberg siedeln.
1377 fand die Schlacht bei Reutlingen statt. Worum ging es da doch gleich?
Auf dem Marktbrunnen steht Kaiser Maximilians II. (1527-1576), der 1576 die zünftisch-demokratische Verfassung der Reichsstadt Reutlingen restituierte.
1726 brannte praktisch die ganze Stadt nieder.
Napoleon brachte etwas Ordnung ins kleinstaaterische Gefüge. 1802 wurde Reutlingen ein Oberamt Neuwürttemberg, 1817 Regierungssitz für den Schwarzwaldkreis (bis 1924).
Die Stadt wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jh. gern Stadt der Millionäre genannt. Eine reiche Stadt also, die im Zweiten Weltkrieg erneut erhebliche Zerstörung erleiden musste und trotzdem noch eine hübsche Altstadt mit zahlreichen Fachwerkbauten vorweisen kann. Mancher wünscht eine überzeugendere Placierung der Marienkirche, andere wollen die engen Gassen verbreitern und mehr Einnahmen durch auswärtige Parksünder. Wäre die Stadt damit sympathischer?
wirtschaftlich
Reutlingen ist eine traditionelle Industriestadt und größtes Wirtschaftszentrum des Kreises, ein Zentrum der Maschinen-, Textil- und Lederindustrie und modernes Dienstleistungszentrum.
Hier sind wichtige Bildungseinrichtungen ansässig, u.a. auch die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft.
sehenswerte Innenstadt
Das Zentrum weist noch deutlich die mittelalterliche Straßenführung auf. Sie wurde nach dem großen Stadtbrand 1729 kaum verändert. Ab Gartenstraße und Kaiserstraße sind die Straßen in einem Parallelsystem angeordnet. Die Stadtmauer wurde dort auf Rat des weitsichtigen Nationalökonomen Friedrich List abgebaut.
Diagonal teilt die Wilhelmstraße die Altstadt. Sie ist eine wahre Flaniermeile, auch als "gute Stube" bezeichnet.
Das einstige Gerberviertel nordwestlich vom Mark nahe Bahnhof wurde nach 1980 saniert und teils neu bebaut.
Die Kaiserpassage wurde auf einem einstigen Mischgebiet in den achziger Jahren des 20. Jh. neu bebaut. Die Planie ist eine schöne Villen-Allee, die von der einstigen nordöstlichen Stadtmauer wegführt. In südliche Richtung hinter die Echaz wuchs die Stadt erst mit zunehmender Industrialisierung.
Der Gerber-und-Färberbrunnen (1921) verweist auf die Bedeutung der Gerber und Färber für die Geschichte der Stadt, ebenso der Zunftbrunnen (1983) Oberamteistraße.
ummauert
Das Tübinger Tor in Reutlingen brilliert durch geschmackvoll aufgebautes Fachwerk und überhaupt. Wohl mindestens 36 Türme und 4 Haupttore sollen das mittelalterliche Reutlingen geschützt haben.
Zwingerturm und Kesselturm am Albtorplatz sind Reste der Stadtbefestigung. Weitere Mauerreste erkennt man im Südosten in der Jos-Weiß-/Lederstraße und vor Plattenwall, am Pulverturm.
Das Tübinger Tor - früher Metmannstor - wurde zwischen 1220 und 1240 erbaut. Es enthält Reste gotischer Malereien. Der Fachwerkaufsatz stammt aus dem 16. Jh.
Schön ist auch das Gartentor - 1392 als Neues Tor bezeichnet. Obwohl als Durchgangstor konzipiert, blieb es bis zum 19. Jh. fast immer verschlossen aus Furcht vor Angriffen aus Burg Achalm. Auch dieser Turm erhielt seinen Fachwerkaufsatz im 16.Jh., der als Criminal-Gefängnis diente.
Aus der Zeit nach dem Stadtbrand 1726 stammen einige niedrige Notquartiere in Turmnähe.
sehenswerte Innenstadt
[M] Marktplatz mit Marktbrunnen Kaiser Maximilian II. in ritterlicher Pose.Der Platz wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vergrößert und verkehrsberuhigt. Mit dem Neubau 1966 in der Südecke zeigte der Platz auch zweckmäßig spröde Seiten.
[R] Rathaus und [A] Altes Rathaus. Das Renaissance-Rathaus (1563) wurde Opfer eines Großbrandes 1726. Nachfolgendes Rathaus wie der gesamte Platz wurde durch Bombardierung 1945 stark beschädigt.
Der Spitalhof am Markt zählt zu den ältesten Gebäuden der Stadt. Es wurde bereits 1333 erwähnt, im 16. leicht umgestaltet und teils neu gemauert, nach dem vernichtenden Brand 1726 ab 1793 nochmals getreulich aufgebaut. Wappen der Freien Reichsstadt Reutlingen über den Spitalhoftor. Man sollte schon mal unter dem Wappen der Freien Reichsstatt in den Hof schreiten und sich vom Umfang der heute kulturell genutzten Anlage überzeugen.
[1] Neues Spital
[2] Königsbronner Klosterhof, Heimatmuseum. Das Kloster (1283) in Reutlingen war eine Niederlassung des Königsbronner Klosters - daher die Bezeichnung. Das gesamte Areal wurde nach 1990 umfassend renoviert, die einzelnen Gebäude neu genutzt (Heimatmuseum). Klosterhof und teils zugehörenden Gebäude in der Oberamteistraße überstanden den Großbrand 1726 ohne großen Schaden.
Der Klostergarten ist mit wichtigen Bauzeugnissen gespickt - Renaissanceportal (1557) des Klosterhofs Zwiefalten, Grabplatten, Bauelemente der Marienkirche.
[3] Spendhaus (1518), Fruchtkasten der Spendenpflege, 1858/91 Webschule, dann Museum
[4] Tübinger Tor: 13.Jh., Rest der Stadtbefestigung
[5] Nikolaikirche: 14. Jh., Sterngewölbe
[6] Gartentor
[7] gotische Marienkirche 1247/1343, raffinierte Strebepfeiler, Maßwerk am Hauptturm
weiterhin:
Betzingen (1258 ersterwähnt)
- ortstypische Trippel, Freitreppen
- Heimatmuseum, schönes Fachwerk
- Mauritiuskirche, Spätgotik
Gönningen im Wisaztal, im 13. Jh. Stadtrecht
- Rathaus (1911), stilvoll, Frontseite mit drei Arkaden
- repräsentative Fachwerkhäuser ,
- Burgruine am Stöffelberg (736 m ü.NN.) vielversprechend
Mittelstadt Rathaus, Jugendstil-Denkmal, 1980 saniert
Marienkirche Bronnweiler,
Kirchenschiff (12. Jh.), Romanik, Chor in Gotik, Wandmalerei 13.Jh.
natürlich
Mit der Landesgartenschau 1984 wurde die Renaturierung der Echaz gestartet und seitdem kontinuierlich weiter geführt.
Eine Furt, an der eine alte Königsstraße die Echaz querte, war sehr wahrscheinlich Ausgangspunkt für die Besiedlung und Gründung, und zwar zwischen der kleinen Insel nahe dem Tübinger Tor und der Kemmenmühle. Dahin führt ein wirklich idyllischer Weg.
- Gönninger Seen, beliebtes Ausflugsziel, sehr biotopisch.
- Breitenbachtal mit reizvollen Uferwegen, Streuobstwiesen
museal
- Naturkundemuseum - Lyzeum, Fachwerk > Weibermarkt 4
- Heimatmuseum Reutlingen, stattliches Fachwerkhaus
- Museum der Stadt Reutlingen im ehem. Pfleghof des Klosters > Oberamteistr. 22/32
- Feuerwehrmuseum - vom Löscheimer bis zur Spritze > Planie 22
- Industriemagazin (1992 eröffnet), Spezialsammlung von Objekten zur Geschichte der Industrialisierung, Jaaquard-Webstühle, Dampfmaschinen, Drehbänke > Lederstr. 22
exponiert
- Konkrete Kunst in einer Werkhalle der ehemaligen Fa. Wandel > Eberhardstraße 14
- Städtisches Kunstmuseum Spendhaus > Spendhausstraße 4
literarisch
Im 17./18. Jh. hatte die Buchdruckerei in Reutlingen eine Blütezeit, vorwiegend im Nachdruck.
Ein besonderes Kapitel der Literatur ist im Heimatmuseum nachzulesen - Volksbücher, Andachtsschriften, Kinderbücher, Fibeln.
- Stadtbibliothek Reutlingen
- Ratsschulbibliothek Reutlingen
- Buchhandlung Jung
event
- Musiktage alle zwei Jahre im Juni
- Weindorf um Marienkirche im September
- Weihnachtsmarkt Vorfreude am Marktplatz im Dezember
- Theater "Die Tonne" im Keller vom Spitalhaus am Markt
- JugendTanzTheater
- Friedrich-List-Halle, Kammermusikzyklen mit Spitzenmusikern aus aller Welt
- Jazzclub "in der Mitte" im Gewölbekeller: Blues, Swing, Dixie, Funk, Fusion und mehr life
persönlich
Die Eisenbahnanbindung, wichtige Voraussetzung für einstige Industriealisierung, wurde "durch" den Ökonomen und "Weichensteller" Friedrich List (1789 bis 1846) angeschoben. List brachte auch Dynamik und mehr Ordnung ins städtische Gefüge. Als Volkswirtschaftler wirkte er mit bei der Schaffung des Deutschen Bundes. Wegen demokratischer Gesinnung kam er in Haft. Ist insgesamt wohl ein Denkmal wert.
Stadtteile/Eingemeindung
Altenburg, Betzingen, Betzenried, Bronnweiler, Burgholz, Degerschlacht, Efeu, Georgenberg, Gönningen, Hofgüter, Hohbuch, Industriegebiet, In Laisen, Kaibach, Katzensteg, Lerchenbuckel, Markwasen, Mittelstadt, Nordstadt, Oferdingen, Ohmenhausen, Orschelhagen, Oststadt, Reicheneck, Ringelbach, Römerschanze, Rommelsbach, Sickenhausen, Storlach, Südstadt, Sondelfingen, Vochezenholz, Voller Brunnen, Weststadt, Wagner Buckel