Friesack - große Vergangenheit
fotos © schuldes / fotobee.de - Friesack, Rathaus Marktstraße
kleines Städtchen mit einem Hauch mittelalterlicher Vergänglichkeit und rund 2.500 EW (2012) auf 83,67 km² in 35 m ü.NN. am Rand einer Inselerhebung im Luch, am Alten Rhin zwischen Rhinkanal und dem havelländischen Hauptkanal, etwa 60 Kilometer westnordwestlich von Berlin.
Die Umgebung ist wasserreich, sumpfig und teils waldreich, von einigen feldbewirtschaftlich genutzten Böden abgesehen. Der Zootzen ist ein ausgedehntes, höher gelegenes fruchtbaren Flurstück nördlich von Friesack.
ortsgeschichtlich
Eine bereits vor 1150 bestandene Burg wurde zur Wasserburg und Landesfestung ausgebaut
1216 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung als "Vrisac“. Sollte der Name von den spärlich bekleideten Ansiedlern herrühren? Oder gar von den Friesen, die den Boden entwässerten? "ack" ist die niederdeutsche Bezeichnung für Wasser.
1318 wurde Friesack als "castrum" bezeichnet und war bereits Besitz der Markgrafen von Brandenburg. 1335 vergaben diese Burg und Stadt Friesack als Lehen an die märkische Adelsfamilie von Bredow, die bis 1945 hier die Besitzer waren - mit einer kurzen Ausnahme:
1399 eroberte Markgraf Jobst von Mähren die Burg, da die Bredows für den Erzbischof von Magdeburg, einen Gegner des Kurfürsten, Partei ergriffen hatten.
1409 erwarb Dietrich von Quitzow durch eine Pfändung, die Burg und das Gebiet. Gemeinsam mit seinem Bruder Hans von Quitzow auf Plaue führte er zahlreiche Fehden mit ihren märkischen Nachbarn, eroberte mehrere Burgen. Bis Berlin gingen die Beutezüge.
1411 verweigerten sie die Anerkennung eines Landfrieden. Kurfürst Friedrich ließ daher 1414 die Burg erfolgreich sturmfrei schießen. Dafür wurde er mit der Mark Brandenburg belehnt und so als Friedrich I. der erste Hohenzoller dieser Mark.
links: Kirchenfenster von Kuhsdorf mit Darstellung von Conrad von Quitzow und seiner Ehefrau (um 1265)
Nach der Quitzow-Episode gingen Burg, Stadt und das Ländchen wieder an die Familie von Bredow über. Die Bredows bewohnten bis Mitte 19. Jh. das Burggelände, bis 1808 als Grundherren von Friesack. Von der mehrfach abgebrannten Burg und deren Nachfolgehäusern ist nichts mehr zu sehen. Ein Hügel mit schönen Bäumen.
brennend
Zwischen 1560 und 1588 wurde die eben neuerrichtete Burg durch einen Brand zerstört. 1619 zerstörte ein Brand die Stadt fast vollständig. Weitere Großfeuer folgten, besonders schlimm 1800, 1825, 1841. 1945 wurde durch Brandlegung der Besatzer etwa ein Drittel der Stadt vernichtet. Von den Leiden der Kriege für oder gegen "Gott, Kaiser und Vaterland" ganz zu schweigen.
1829 kam es mit dem Bau der Straße Berlin–Hamburg zu einem wirtschaftlichen Aufschwung, der durch den Eisenbahnbau 1846 wieder versiegte.
1860 bis 1886 war Friesack Garnisonsstadt.
Besondere Erwerbszweige waren die Torfgewinnung und das Holzpantinengewerk. Weiterhin existierten etwas Landwirtschaft. Kleinere Unternehmen siedelten sich als Folge der Industrialisierung kaum an. Die Luft blieb sauber.
1928 wurde Friesack als Luftkurort anerkannt.
1976 erhielt Friesack einen ersten Wasseranschluss an die zentrale Versorgung.
1981 wurde die Umgehungsstraße eingeweiht.
1993 erhielt die Stadt einen Erdgasanschluss.
highspeed
Auf der Strecke Berlin - Hamburger erreichte die Stromlinien-Dampflokomotive 05.002 auf einer Versuchsfahrt am 11. Mai 1936 nahe Friesack die Dampflok-Weltrekordgeschwindigkeit von 200,4 km/h.
sehenswerte Innenstadt
[B] zum Bahnhof
[M] Marktstraße. Der Marktplatz war früher ein Treffpunkt für den örtlicher Handel.
[m] Heimatmuseum mit Bücherei befindet sich seit 2005 im Heimathaus, einer alten ehemaligen Schlossereischmiede. Viele historischen Gegenstände zum Ansehen, Anfassen und zum Teil sogar zu Bewegen - was Kinder besonders interessieren sollte.
[R] Rathaus, 1833 abgerissen und an veränderter Stelle neu aufgebaut, 1994 restauriert
[T] Freilichtbühne, anbei Tennisplatz und Rodelanlage
[1] Burgberg Burgplatz
[2] Kirche, an der heutigen Burgstraße direkt westlich vor der Burg gelegen, brannte 1841 ab und wurde, etwas näher an den Marktplatz versetzt, auf dem ehemaligen, auch abgebrannten Wirtschaftshof in der Charlottenstraße wieder neuerrichtet. 1945 brannte auch diese Kirche durch Kriegseinwirkung ab. Sie wurde in den Jahren 1949 bis 1955 in veränderter Form wieder aufgebaut.
[3] Pfarrhaus, Fachwerk > Burgstraße
[4] Sporthalle, Tennisplatz
[5] Sportplatz
[6] Sportplatz
[7] Schillerpark
[8] Gewerbeflächen
[9] Wiesengrund
weiterhin:
- Hotel zum Stern (1930er)
- Postamt (1898), leerstehend (2018).
- Eiscafés Neumanns (1878) > Berliner Allee/Klessner Straße
- Krankenhaus (1914), derzeit für betreutes Wohnen genutzt
parkig
der leicht hügelige Burgberg
natürlich
Sieben-Brüder-Eiche, so genannt wegen ihrer sieben Stämme > Klessner Straße
Feuchtwiesen am Rhin
ungewöhnlich
Der jüdische Friedhof mit Gräbern aus dem 18. und 19. Jh. überlebte dank seiner versteckten Lage die Zeit des Nationalsozialismus, wenn auch nicht völlig unbeschadet. Er wurde während der DDR-Zeit von Sowjetbürgern erneuert, wobei aber die Grabsteine nicht in ihrer ursprünglichen Lage aufgestellt wurden.
persönlich
Um 1980 zeigte ein heimatliebender alter Herr hier noch seine sauguten Aquarelle, in denen er die Schönheiten des Rhinluchs und der Prignitz in verschiedenen Jahreszeiten und an unterschiedlichen Tageszeiten erfassen, festhalten wollte. Er bangte darum. Wer war der alte Bursche? Was wurde aus ihm und seinen Bildern? 1 km hinter Zootzen kann man ihnen auf einem Naturpfad folgen.
Ortsteile/Eingemeindung
Wutzetz (seit 2000) und Zootzen (2000) kamen als vorher selbstständigen Gemeinden zu F.
Friesacker Wohnplätze sind:
Am Bahnhof, Am Rhinkanal, Am Schafstall, Briesen, Briesener Zootzen, Damm, Fliederhorst, Friesacker Zootzen, Karolinenhof, Klessener Zootzen und Wutzetzer Mühle.